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AutorenbildScout Shawnee Shalon

Tschüss London, vielen Dank und liebe Grüsse!

ein Erlebnis von Scout Shawnee Shalon



Ich bin überglücklich wieder zuhause zu sein. Denn zuhause ist es einfach am schönsten, und im Falle der Schweiz sogar wortwörtlich.


Die Reise fing gut an: Nachdem ich am Samstag um 04.30 Uhr in der Badewanne mit dem „Weight Cut“ begonnen hatte, ging es, 500 g leichter, ab an den Flughafen Zürich. Um 08.30 Uhr landete ich in London, am City Airport. Kurz nach der Landung war ich bereits in einem Uber in Richtung Sauna, um das fehlende Kilo auszuschwitzen. Dies ging ratzfatz und nach ungefähr zwei Stunden, inklusive Duschen, war ich „on Weight“ und auf dem Weg ins Hotel. Dort angekommen traf ich auf eine Herberge (Travelodge London Stratford), in welcher, so wurde es mir gesagt, das ganze System zusammengebrochen war. „Passiert das auch noch im Jahr 2023?“, fragte ich mich. Offensichtlich ja. Auch das extra separat bezahlte Internet funktionierte nicht. Neben dem sehr unmotivierten und überhaupt nicht kundenfreundlichen Empfangspersonal, stank das ganze Zimmer nach Schimmel und abgestandenem Zigarettenrauch (obwohl, wohlgemerkt, das Zimmer ein Nicht-Raucher Zimmer war). Das Fenster konnte man wegen einer Selbstmord-Sicherung auch nicht richtig öffnen. Nichtsdestotrotz legte ich mich für circa drei Stunden ins Bett und schlief tatsächlich durch. Um 17.00 Uhr ging es dann in die Turnierhalle zum offiziellen Einwägen. Ich wog mit 48.5 kg ein und konnte mich endlich an das Wiederauffüllen meiner Wasser- und Energiespeicher machen. Dafür ging ich ins einzige italienische Restaurant im naheliegenden Shoppingcenter, denn ich liebe es, vor dem Wettkampf gute Teigwaren zu essen. Dort erwartete mich eine riesige Warteschlange und ich musste bis zu einer Stunde anstehen, bevor ich endlich zu meinen, leider überkochten Spaghetti kam. Mit einem viel zu vollen Magen ging es dann zurück in das Hotel, wo ich noch ein wenig Polaris, ein Grappling-Event, schaute und dann schlafen ging. Am Sonntag, am Wettkampftag, wachte ich ein wenig angeschlagen auf und versuchte mich mit guten Gedanken aufzupeppen. Das Frühstück bestand aus harten Würstchen, geschmacklosen Rühreiern und Papp-Toasts mit Butter und Honig und keinem Kaffee, da die Kaffeemaschine bereits vor der ersten Benutzung völlig verschmutzt war und mir es bei der Vorstellung des Innenlebens dieser Kaffeemaschine die Haare am ganzen Körper aufstellte. Nach dem Frühstücken und Zähneputzen machte ich mich auf den Weg in die Turnierhalle, wärmte mich auf und erkämpfte mir mit drei Kämpfen den dritten Platz. Als ich von meinem letzten Kampf zu meinem Rucksack zurückkehrte, bemerkte ich, dass mein Braungurt, welchen ich vorher ablegen und einen roten Gurt anziehen musste (immer eine Person muss mit dem roten Gurt kämpfen, da dadurch die Punktegebung erleichtert werden soll), verschwunden war. Ich machte eine 180 Grad Drehung und sah einen kräftigen Brasilianer, welcher versuchte, sich mein Gurt um die Hüften zu binden. Ich ging zu ihm hin und sprach ihn in Portugiesisch an:

„Das ist mein Gurt.“

Er antwortete mir: „Oh, tut mir leid. Nur einen Moment bitte.“

Ich sagte darauf: „Man kann auch fragen.“

Er: „Bist du Brasilianerin?“

Ich: „Nein, aber das hat nichts damit zu tun. Darf ich bitte meinen Gurt wieder haben?“

In der Zwischenzeit bemerkte er, dass ihm mein Gurt viel zu klein ist. Er zog ihn aus und gab ihn mir zurück währenddem er sich bei mir entschuldigte. Ich war sehr froh darüber, dass ich den brasilianischen Gurt-Dieb auf frischer Tat ertappt hatte.


Nach diesem Erlebnis musste ich circa vier Stunden auf das Podest und meine Medaille warten. Danach ging ich essen und anschliessend ins Hotel, um mich schlafen zu legen.


Am Montag, am Tag der Rückreise, wurde ich von Lucas, welcher bereits einen früheren Rückflug gebucht hatte, um 05.00 Uhr morgens geweckt 😊. Leider konnte ich danach nicht mehr einschlafen. Um 09.00 Uhr erhielt ich eine Mail mit der Mitteilung, dass mein Rückflug nach Zürich mit Abflug 13.30 Uhr annulliert worden sei und man mich auf einen späteren Flug um 17.30 Uhr umgebucht habe. Als wäre dies nicht schon genug, wurde ich auch noch auf einen Flughafen umgebucht, welcher viel weiter entfernt liegt. Bei der Flugbuchung hatte ich extra den teureren Flug genommen, um nahe beim Hotel und Wettkampf zu landen und auch wieder abzufliegen. Dadurch wollte ich Zeit, Geld und Nerven sparen. Ich versuchte mit der Swiss Kontakt aufzunehmen, jedoch wurde mir gesagt, dass aufgrund eines Streiks in Frankreich vom London City Airport keine Flüge nach Zürich mehr fliegen. Auch kann keine Entschädigung bezahlt werden, da Streike unter „von der Airline nicht verschuldete Ereignisse“ eingestuft werden. Lucas hatte grosses Glück und konnte mit einer kleinen Verspätung gerade noch so durch die Schranken huschen und verschwinden. Ich dagegen war in diesem stinkigen Hotelzimmer und ein Schwall von Panik und Träne überfiel mich. „Fühlt sich so ein Nervenzusammenbruch an?“, fragte ich mich. Ich hatte alles perfekt geplant und nun musste mich einmal mehr ein solcher Vorfall aus dem Konzept bringen. Ich rechnete damit, um 16.00 Uhr in Zürich zu landen und genügend Zeit zu haben, um gemütlich nach Hause zu kommen, auszupacken und alles für die Woche vorzubereiten sowie zu planen.


Um 11.15 Uhr ging ich, zum Glück genügend früh, vom Hotel los in Richtung Bahnstation „Stratford“. Dies war ein 5-minütiger Fussweg. Am Bahnhof angekommen, kaufte ich am Schalter eine Fahrkarte. Der Herr erklärte mir die Fahrtroute, welche sehr simple zu sein scheinte: Gleis 5, eine Station fahren, aussteigen, auf dem gleichen Gleis bleiben und den Zug in Richtung „Heathrow Airport Terminal 5“ nehmen. Die ganze Fahrt sollte so ungefähr 60 Minuten dauern. Gesagt getan, nahm ich am Gleis 5 den Zug und stieg bei der ersten Station „Whitechapel“ aus. Dort kam dann nach 10 Minuten auch bereits der Zug in Richtung „Heathrow Airport Terminal 5“. Ich konnte mich im zweiten und eigentlich letzten Zug gerade Mal so hinsetzen, da kam die Durchsage, dass die nächste Station die Endstation sei und dieser Zug nicht mehr weiterfahren werde. Alle Passagiere sollen doch bitte aussteigen und das Personal vor Ort nach der weiteren Verbindung fragen. Ein Grund für die unmögliche Weiterfahrt wurde nicht genannt. An der neuen Endstation ausgestiegen, fragte ich einen Mann mit oranger Weste, wo und wann nun ein Zug zum Terminal 5 fahre. Dieser schaute mich nur an und meinte, er wisse es auch nicht. Ein weiteres oranges Männchen machte dann durch die Lautsprecher eine Durchsage, dass in 15 Minuten ein Zug kommt, welcher zum Terminal 2 & 3 fährt. Zum Terminal 5 gibt es momentan keinen Zug, weshalb alle Passagiere, die an den Terminal 5 müssen, beim Terminal 2 & 3 aussteigen und dann einen anderen Zug nehmen sollen, welcher uns dann an den Terminal 5 bringen würde.


Wie vom orangen Männchen beauftragt, nahm ich nach einer 15-minütigen Wartezeit den Zug in Richtung Terminal 2 & 3. In dieser Abfolge von komischen Ereignissen musste natürlich auch dieser Zug seinen Beitrag leisten. Er hielt alle fünf Minuten an und jedes Mal kam die Durchsage „We are at a red light“. Auf diese automatisierte Durchsage folgte dann immer die Durchsage des Zugchauffeurs, der uns mitteilte, dass der Zug mit einer Leitungsstörung zu kämpfen hätte. Er versicherte uns jedoch, dass wir am Flughafen ankommen werden, es sei nur eine Frage der Zeit. Vielen Dank aber auch. Ich liebte London mit jeder Sekunde mehr…


Nach rund einer Stunde (eventuell war es auch mehr, ich verlor das Zeitgefühl komplett) stieg ich an der Station „Terminal 2 & 3“ aus. Während ich den alternativen Anschluss zum Terminal 5 suchte, fingen plötzlich Sirenen am ganzen Bahnhof an zu heulen. Es gab eine komplette Evakuierung: „Please leave the station as fast as possible and leave your baggage behind.” Mein Gepäck habe ich natürlich nicht einfach so liegen gelassen. Im Nachhinein erfuhr ich, dass es scheinbar ein Feueralarm war. Demzufolge funktionierte auch kein Aufzug mehr und alle Passagiere mussten sich über die Rolltreppen zum Erdgeschoss hochquetschen.


Irgendwie, in diesem ganzen Tumult, fand ich dann das alternative Gleis und konnte mich in den vollgestopften Zug zum Terminal 5 hineinpressen. Am Terminal 5 angekommen durchquerte ich erfreulicherweise problemlos die Abflugshalle sowie die Ticket- und Sicherheitskontrolle im Nu. Durch einen Blick auf den Abflugbildschirm sah ich, dass auch an diesem Flughafen 50% der Flüge storniert wurden. Ich konnte nur hoffen, dass mein Flug fliegen wird. Kurz rekapitulierte ich meine Reise zum Flughafen: Ich verliess das Hotel um 11.15 Uhr und kam ganze 4 Stunden und 15 Minuten später, um 15.30 Uhr am Flughafen an.


Meine Augen waren geschwollen und mein Kopf platze fast, so starke Kopfschmerzen hatte ich. Schnell kaufte ich mir ein Wasser und suchte ein Restaurant auf. Ich bestellte mir Teigwaren mit Pesto und einen Cappuccino. Eher als Teigwaren mit Pesto waren es dann Pesto mit Teigwaren, so viel Sauce servierte mir das Restaurant. Ich musste die Riesen-Pennes wortwörtlich auswinden.


Nach dem Essen fühlte ich mich ein wenig besser. Nun musste ich nur noch auf die Ansage des Abfluggates warten. Nach einiger Zeit erschien auf dem Bildschirm, dass mein Flug eine 30-minütige Verspätung haben würde. Ich hoffte weiterhin, dass ich noch am selben Tag nachhause kommen könnte.


Endlich aufgestellt fürs Boarding, kam eine Flugattendant zu mir und meinte, der Flug sei so voll, dass ich mein Handgepäck einchecken müsse. Ich schaute sie mit meinem geschwollenen Gesicht an und bat sie, mich davon zu verschonen, damit ich nach diesem grauenhaften Tag schnell vom Flughafen Zürich nach Hause komme. Überraschenderweise hatte sie Mitleid mit mir und liess mich mein Handgepäck in die Flugkabine nehmen. Schliesslich startete das Flugzeug mit einer Verspätung von 60 Minuten. Sobald ich mich hinsetzte, schlief ich ein, bis mich starke Turbulenzen aufweckten. Zum Glück war dies nur 10 Minuten vor Landung.


Todmüde, aber überglücklich passierte ich die Passkontrolle in Zürich und war somit wieder offiziell in der Schweiz. Die Sauberkeit und die klare Luft meiner Heimat lassen mich bei jeder Rückkehr geradezu melancholisch werden.


Liebes London, das war ein anstrengendes Erlebnis und ich bin froh, dass ich dich nur einmal im Jahr besuchen muss. Na dann, bis 2024, und tschüss.


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